Der neue Glücksspielstaatsvertrag sieht einen Mindestabstand für terrestrische Spielhallen vor. Rund 500 Meter muss zwischen den konkurrierenden Einrichtungen liegen. Auch zu Schulen und Kitas muss diese Abstandsregelung eingehalten werden. Diese Gesetzesänderung könnte nun aber in Baden-Württemberg die Schließung von bis zu 1.800 Spielhallen nach sich ziehen. Damit sind 8.000 Arbeitsplätze im Bundesland bedroht.
Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags
Der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) wird ab Juni eine Ära auf dem deutschen Glücksspielmarkt einläuten. Während der Ausarbeitung der Reform stand vor allem die Legalisierung des Online-Glücksspiels im Fokus. Doch auch landesbasierte Einrichtungen sind von einigen Maßnahmen betroffen. Dazu gehören etwa Mehrfachkonzessionen und Mindestabstände. Letzteres könnte im Rahmen der geplanten Umsetzung des GlüStV in Baden-Württemberg die Schließung von bis zu 1.800 Spielhallen nach sich ziehen.
Die Landesregierung – bestehend aus Bündnis 90/Die Grünen und CDU – erklärt in ihrem 162-seitigen Koalitionsvertrag, die strikte Einhaltung des 500-Meter-Mindestabstandes für Spielhallen zu Konkurrenz sowie zu Schulen und Kitas umsetzen zu wollen. Damit macht Baden-Württemberg kein Gebrauch von seinem Recht, diese Regulierungsmaßnahmen an die marktspezifischen Umstände anzupassen. Laut übereinstimmenden Medienberichten sind so 8.000 Arbeitsplätze bedroht. Das sorgt für ordentlich Kritik.
Mindestabstand nicht umsetzbar?
Die geplanten Mindestabstände sind aufgrund der gegenwärtigen Infrastruktur für die überwältigende Mehrheit der Spielhallen nicht realisierbar. Die Gefährdung zahlreicher Existenzen innerhalb der Branche hat viele Verbände auf den Plan gerufen, die den Koalitionsvertrag der baden-württembergischen Landesregierung scharf kritisieren. Allen voran der Automaten-Verband äußerte seinen Unmut über die Abstandsregulierung. Die geplanten 500 Meter seien für rund 80 Prozent der Spielhallen nicht umsetzbar und würden zudem ihren Sinn verfehlen.
Dirk Fischer, stellvertretender Vorsitzender des Automaten-Verbands, habe mit seinen Kollegen bis zum Schluss gehofft, dass die Landesregierung eine mögliche Ausnahmeregulierung in der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrag in Betracht ziehen würde. Doch auf Seite 75 des Gesetzdokuments steht nun, dass man an den bestehenden Regeln zu Mindestabständen für Spielhallen festhalten werde und damit eine strikte Implementierung ins Landesrecht anpeile.
Oberbürgermeister fordern Mitspracherecht
Die Beschlüsse der baden-württembergischen Koalitionsregierung sorgen nicht nur innerhalb der Glücksspielbranche für erhitzte Gemüter, Widerstand regt sich auch in der Kommunalpolitik. Die Oberbürgermeister der Städte Leinfelden-Echterdingen, Wernau, Leonberg und Nürtingen haben einen offenen Brief an den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) verfasst, in dem sie Bedenken zu der geplanten Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrag äußern. Speziell gehen sie dabei auf die Abstandsregulierung für Spielhallen ein.
Sie fürchten, dass durch die Schließung der 1.800 Spielhallen der Schwarzmarkt enormen Zulauf bekommen wird. Da den Menschen in Baden-Württemberg ein großer Teil des legalen und regulierten Angebots weggenommen werden würde, sei eine Befeuerung illegaler Glücksspielangebot die logische Konsequenz. Roland Klenk, Oberbürgermeister von Leinfeld-Echterdingen, ermutigte den Ministerpräsidenten, die Einhaltung des Mindestabstandes aufzulockern und den Kommunen mehr Spielraum zu geben. Nur so sei der Kanalisierungsauftrag zu gewährleisten.
Landesregierung wehrt sich
Einzelne Vertreter der baden-württembergischen Landesregierung haben sich zu den kritischen Stimmen aus Kommunalpolitik und Glücksspielbranche geäußert. So verweist Josha Frey, Landtagsabgeordnete der Grünen, darauf, dass die 500-Meter-Abstandsregel bereits im Jahr 2012 eingeführt wurde und nun Ende Juni die Übergangsfrist ausläuft. Das Ziel der Gesetzgebung sei es damals schon gewesen, dass die Anzahl der Spielhallen stark zu dezimieren.
Die Landesregierung wolle ihre harte Gangart beibehalten. In den Augen des Grünen-Abgeordneten würden wissenschaftliche Studien beweisen, dass die Verfügbarkeit des Konsumguts Glücksspiel zu einem höheren Risikopotenzial führt. Abstände von mindestens 500 Metern würden entsprechend mehr Schutz für Spieler und Süchtige bedeuten.