Etwas stimmt im australischen Glücksspiel-Paradies nicht. Fast jeder dritte Teenager wettet um echtes Geld und die neuen Zahlen sind alarmierend. Millionenbeträge werden verspielt und die Folgen zeigen sich in Schulden und psychischen Problemen. Dabei liegt die Schuld nicht nur in digitalen Spielhallen und aggressiver Werbung. Was muss also geschehen, damit es australischen Jugendlichen wieder besser geht?
Ein Drittel der Jugendlichen spielt
Eine aktuelle Studie des Australia Institute [Quelle auf Englisch] eröffnet eine schwierige Situation. Etwa ein Drittel (33%) aller australischen Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren hat bereits um echtes Geld gespielt, das sind ca. 600.000 Minderjährige.
Bei den 18- bis 19-Jährigen ist die Lage noch dramatischer. Der Anteil der Spieler ist deutlich höher, und Experten des Australia Institute schätzen die jährlichen Ausgaben für Glücksspiele dieser Altersgruppe auf ca. 231 Millionen australische Dollar. Dadurch wird das Ausmaß des Problems erstmals veranschaulicht. In Australien ist Glücksspiel allerdings kein neuer Trend. Pferderennen gehören zu den wichtigsten gesellschaftlichen Events, und Wettbüros sind sowieso an beinahe jeder Straßenecke zu finden.
Neben Sportwetten sind vor allem Glücksspielautomaten („Pokies“), die in Pubs, Clubs und sogar Gemeindezentren stehen, sehr beliebt. Das Problem dabei? Die leichte Zugänglichkeit, gepaart mit intensiver Werbung sorgt seit Jahren dafür, dass Glücksspiel unter Jugendlichen so weit verbreitet ist und enorme finanzielle Folgen hat.
Der hohe Preis des Nervenkitzels
Der Nervenkitzel ist verführerisch, doch der Preis, den australische Teenager für ihr Glücksspiel zahlen, ist hoch. Millionenbeträge verschwinden jährlich, hinterlassen Spuren von Schulden und psychischen Problemen wie Depressionen, sozialer Isolation und Leistungsabbruch. Solche Probleme sind keine Einzelfälle, sondern ein ernstes gesellschaftliches Problem, denn Betroffene belasten nicht nur das Gesundheitssystem, sondern auch ihre Verwandten.
Hinzu kommt, dass laut einer Studie der ANU ca. 200.000 Kinder in Australien dem riskanten Spielverhalten ihrer Eltern ausgesetzt sind, was zusätzliche Belastungen für die Familien bedeutet.
Australien versucht zwar, Minderjährige durch Regulierungen von Lootboxen und Social Casinos samt deren Spiele zu schützen, doch Theorie und Praxis gehen dabei weit auseinander. Es mag pathetisch klingen, doch ein guter und noch weiter gedachter Jugendschutz, der frühzeitig ansetzt und die Jugendlichen erreicht, ist überlebensnotwendig.
Die Rolle der Werbung
Trotz Maßnahmen wie dem Werbeverbot vor 20:30 Uhr bei Live-Sport und verpflichtende Warnhinweise immer noch 81% der Jugendlichen regelmäßig Glücksspielwerbung. Das Medium ist dabei relativ egal, denn ausgestrahlt wird im TV, auf Social Media und bei Sportveranstaltungen.
Die Regulierungen scheinen die Industrie also nicht ausreichend zu bremsen; auf weniger streng kontrollierten Plattformen wie YouTube und Instagram wird fleißig geworben. Experten fordern deshalb nicht nur eine Ausweitung der Regeln auf alle Kanäle, sondern auch kreativere Strategien, um der Normalisierung von Glücksspiel beim Nachwuchs entgegenzuwirken.
Digitale Kanäle: Neue Spielplätze für alte Risiken
Obwohl das Anlegen eines Social Media Accounts in Australien seit Neuestem für Kinder und Jugendlich unter 16 Jahren verboten ist, wissen viele, wie sie diese Vorschriften umgehen können. Smartphone, interaktive Spiele und eine große Portion Anonymität: alles Zutaten für ein Rezept, das durch gezielte Werbung auf Social-Media-Kanälen noch verstärkt wird.
Besonders beliebt sind bei australischen Jugendlichen Online-Sportwetten und einfache, schnell zugängliche Casinospiele auf mobilen Geräten, ähnlich wie Online Spielautomaten in Deutschland. Die Zugänge sind hierzulande allerdings so streng reguliert, sodass kein Kind den Weg in ein legales Online Casino findet.
Prävention und Schutz: Welche Maßnahmen sind notwendig?
Australien sucht nach Antworten im Kampf gegen die Spielsucht seiner Jugend und könnte dabei einen Blick nach Deutschland werfen. Auch hierzulande wird über noch strengere Regeln für Glücksspielwerbung und bessere Präventionsangebote diskutiert. Verbotslisten und Warnhinweise allein reichen aber nicht, so die Erfahrung seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags.
Immerhin findet die Industrie immer neue Wege, die Jugend zu erreichen. Australien muss in erster Linie die aggressive Werbung der Anbieter in den Griff bekommen. Aufklärung in der Schule, Unterstützung für Familien und niederschwellige Beratung sind wichtig. Denn am Ende geht es darum, den jungen Spielern nicht nur den Spaß, sondern auch die Gesundheit zu erhalten.
Top oder überbewertet? Deine Meinung zählt.