Am 26.Oktober wurde im Rahmen eines Webinars seitens des Behörden Spiegels (ProPress Verlagsgesellschaft) über ein heikles Thema diskutiert: Glücksspielwerbung. Glücksspielwerbung ist schon seit langer Zeit ein Brennpunkt und jetzt diskutierten Experten aus unterschiedlichen Bereichen miteinander, wie vor allem unter Einhaltung der Richtlinien aus dem neuen Glücksspielstaatsvertrag Werbung für Glücksspiel möglich bzw. erlaubt sein kann.
Werbeverbot nicht immer optimal – denn Werbung sorge für Seriosität
Rechtswissenschaftler und Wirtschaftsexperten auf der einen Seite, die Glücksspielaufsicht auf der anderen Seite – nachdem zum 1. Juli 2021 der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten war, gab es weitreichende Änderungen für Glücksspielanbieter, was ihre Werbung und Marketingkampagnen anbelangt.
Auf den ersten Blick mag Glücksspielwerbung zunächst überflüssig und gefährlich erscheinen, meinten in der Vergangenheit zumindest so einige deutsche Politiker, daher wurde schon lange vor Inkrafttreten des GlüStV über weitreichende Verbote diskutiert.
Doch der VP of Operations vom namhaften Unternehmen Betway (Maik Brodowski), beleuchtete die Situation von einer anderen Seite. Er hielt fest, dass Werbung nicht nur existenziell für die Unternehmen selbst, sondern auch für die Spieler sei. Immerhin mache sie es möglich, dass illegale und unseriöse Angebote so von seriösen Buchmachern zu unterscheiden seien.
Die großen TV-Sendeanstalten allerdings sind sich unsicher und wissen teilweise nicht, was durch den neuen GlüStV überhaupt erlaubt ist. Die Sender brauchen Hilfe und wünschen sich diese in Form von Aufklärung durch die Behörden. Es sollten schnellstmöglich Unklarheiten beseitigt werden, um Werbekampagnen sicher und seriös zu planen, so der allgemeine Tenor.
Starker Zuwachs in Sachen Glücksspielwerbung – trotz Embargo
Dr. Andreas Blaue, Vorstandsmitglied des deutschen Verbandes für Telekommunikation und Medien, berichtete von einer rapiden Zunahme der Glücksspielwerbung und deren Wichtigkeit in den letzten Jahren. So seien beispielsweise die Ausgaben allein von 2019 bis 2020 um mehr als 30 % angestiegen. Der Jahresbetrag für Werbekampagnen liegt damit bei 571 Millionen Euro.
Er machte deutlich, dass Wettsport und Glücksspiel in der gesamten TV-Bruttowerbeinvestition mittlerweile den fünften Rang eingenommen haben. Damit ist die Branche an Mobilfunkanbietern, Bierbrauereien und zahlreichen Versicherungen vorbeigezogen. Er geht von einer weiteren Steigerung aus, da die Investitionsbereitschaft der Glücksspielanbieter überdurchschnittlich sei.
Sowohl im Internet, aber auch in den Rundfunkmedien wird aktuell für Glücksspiel geworben. Sehr kritisch wird hier die „Embargozeit“ beachtet, denn der Glücksspielstaatsvertrag sieht ein generelles Werbeverbot zwischen 06:00 und 21:00 Uhr vor, um insbesondere Kinder zu schützen.
Allerdings gilt das Verbot nur für reine Anbieter von Online-Glücksspiel bzw. einem sicheren Online Casino im Internet, wohingegen Dachmarken jederzeit werben dürfen. Der Grund: Ihr Angebot begrenzt sich nicht nur auf Sportwetten und Co. und ihre Werbung bietet mehr als Boni oder Freispiele, sondern auf ein größeres Angebot. Einzige Bedingung: Der Wettcharakter muss ersichtlich sein.
Konfliktpotenzial beim Sponsoring
Doch noch ein weiteres Thema sorgt für erhitzte Gemüter. Wo endet Werbung und wo beginnt Sponsoring? Zahlreiche hochdotierte Unternehmen haben das Sponsoring für namhafte Fußballvereine und andere Sportclubs übernommen und sind von dem Werbeverbot des GlüStV ausgenommen. Es ist lediglich als Bedingung anerkannt, dass Sendungen, die von Glücksspielanbietern gesponsort werden, die externe Finanzierung vor, während oder nach der Ausstrahlung eindeutig kennzeichnen müssen.
Dr. Matthias Kirschenhofer machte in seiner Schilderung deutlich, dass er als Vorstand der Sport1 Medien AG den Glücksspielstaatsvertrag grundsätzlich begrüße. Er machte aber auch vor kritischen Kommentaren nicht halt. Sein Hauptkritikpunkt ist das Werbeverbot vor und nach Sportveranstaltungen, da hierdurch ein Eingriff in die Finanzierung des Rundfunks geschehe. Seine Sicht spiegelt die schwierige Situation wider, die sich für Medienunternehmen durch unzureichend erläuterte Regularien ergibt.
Dr. Matthias Kirchhofer hatte noch einen weiteren Kritikpunkt zu vermelden. Er ist überzeugt davon, dass aufgrund der Einschränkungen eine Kanalisierung der Spieler selbst erschwert würde. Dürfen seriöse und legale Glücksspielanbieter nicht für ihr Angebot werben, suchen Spieler nach Lücken. Diese finden sie in Form von illegalen Angeboten. Das wiederum sorgt dafür, dass die Spieler nicht kanalisiert werden können und dem Staat erneut die Kontrolle entgleitet. Hinzu kommt, dass seriöse Anbieter, die alle Auflagen des GlüStV zuverlässig umsetzen, durch das Werbeverbot gestraft werden.
Und auch die Rundfunkanstalten sieht Kirchhofer in Gefahr. Er ist sich sicher, dass diese auf die bereitwilligen Ausgaben der Glücksspielbranche angewiesen seien und darunter zu leiden haben, wenn der GlüStV das Werbeverbot inklusive der Embargozeit ausweitet bzw. genauso umsetzt wie geplant. Nadja Wierzejewski von der Glücksspielaufsicht erkennt die Probleme an, fordert aber einen völlig anderen Diskurs. Sie ist für die Ausweitung der Embargozeit und möchte generell weniger Werbeerlaubnis für Glücksspielanbieter.