YouTube hat die Regeln für Glücksspiel-Inhalte verschärft, und das sorgt für mächtig Wirbel. Seit dem 19. März 2025 gilt: Kein Platz mehr für dubiose Glücksspiel-Werbung. Die neuen Richtlinien zwingen Content-Creator zum Umdenken und werfen große Fragen auf: Wer profitiert, wer verliert? Welche neuen Geschäftsmodelle werden sich durchsetzen? Und wie sieht die Zukunft des Online-Glücksspiel-Marketings aus? Die Änderungen sind weitreichend und treffen unterschiedlichste Bereiche des Online-Contents.
Harte Regeln für einen boomenden Markt
Seit März 2025 greift YouTube noch härter durch und verbietet nun jegliche Form von Werbung für nicht zertifizierte Glücksspielseiten. So gab es das Unternehmen in einem offiziellen Blogeintrag [Beitrag auf Englisch] bekannt. Kein Link, kein Bild, kein Text, kein Logo, kein verbaler Hinweis. Diese Maßnahmen betreffen nicht nur explizite Werbeanzeigen, sondern zielen auch auf indirekte Formen der Bewerbung ab. Auch wer mit “garantierten Gewinnen” lockt, fliegt raus.
Ob die beworbene Seite erlaubt ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Viele Inhalte, die zwar nicht gegen die bestehenden Community-Richtlinien verstoßen, aber beispielsweise legale Online Casinos bewerben, bekommen jetzt eine Altersbeschränkung. Das betrifft vor allem Online Casinos und Apps. Sportwetten und reale Casinos sind davon ausgenommen.
Anpassungsdruck: Wie Nischen-YouTuber jetzt überleben
Die neuen Regeln zwingen einige Content Creator zum Improvisieren. Die bisherigen Monetarisierungsstrategien müssen überdacht werden, sofern Kooperationen mit Glücksspielanbietern bestanden. So könnten Merch-Verkäufe, Affiliate-Marketing oder direkte Spendenaufrufe wichtiger werden.
Auch die direkte Verbindung zu den Fans wird wichtiger denn je. YouTuber müssen nun proaktiv auf ihre Community zugehen und diese von den neuen Strategien überzeugen, um auch weiterhin Vertrauen zu erhalten und ihre Einnahmen zu sichern. Denn bei aller parasozialen Liebe bleibt YouTube ein Geschäft, mit dem Geld verdient werden muss. Auch neue Content-Formate sind gefragt und Kooperationen mit anderen Unternehmen könnten helfen. Doch welche Branche ist besonders betroffen?
E-Sport im Ausnahmezustand
Vor allem den deutschen E-Sport könnten die neuen Regeln in eine handfeste Sponsorenkrise stürzen. Der Markt boomt zwar, denn Schätzungen sprechen bis 2028 von einem Umsatz von über 200 Millionen Euro allein in Deutschland. Davon machen Sponsorenverträge jedoch einen großen Anteil aus, die wiederum an Glücksspiel-Partnerschaften geknüpft ist, die fortan nicht mehr sichtbar sein werden. Der Streamer Frizzable hat seine Bedenken kurz vor Inkrafttreten der neuen Richtlinien via X geäußert:
These new YouTube policies on gambling content is brutal, kinda sad i have to delete/blur all of my videos and i cant just private them or they will delete my channel
History just gone, hours of work, so much fun, so many huge wins just gone on a weeks notice. im making a…
— Frizzable (@Frizzable) March 16, 2025
All das spielt sich vor dem Hintergrund eines riesigen Marktes ab, der bis 2024 voraussichtlich 577 Millionen Zuschauer erreichen wird, mit starkem Wachstum in Lateinamerika. In Europa wird die Zahl der E-Sport-Nutzer bis 2029 auf etwa 165,8 Millionen geschätzt, was eine Penetrationsrate von 19,1 % im Jahr 2025 bedeutet.
Trotzdem drohen Vertragsauflösungen mit schmerzhaften finanziellen Nachteilen. Die Aussicht auf alternative Sponsoren ist noch nicht sicher, aber definitiv denkbar. Nicht-Glücksspiel-bezogene Marken sind zwar vorhanden, sind möglicherweise aber nicht so lukrativ.
Zwischen Jugendschutz und wirtschaftlicher Freiheit
Es ist nicht das erste Mal, dass YouTube die Richtlinien für Glücksspielwerbung anpasst. Und auch diesmal sind Reaktionen gespalten. Während viele Nutzer die Maßnahmen positiv sehen und den Schutz von Minderjährigen hervorheben, äußert ein Teil der Community deutliche Kritik.
Die Befürworter betonen die Notwendigkeit, jugendliche Nutzer vor den Risiken des Online Glücksspiels zu schützen und loben YouTube für den proaktiven Ansatz. Sie sehen die neuen Regeln als wichtigen Schritt in Richtung einer verantwortungsvolleren Online-Plattform. Ein User beschreibt die neuen Regeln sogar als „einen sehr guten Schritt, um uns vor Betrug zu retten“.
Im Gegensatz dazu äußern Kritiker Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und der möglichen Auswirkungen auf kleinere Creator. Es wird befürchtet, dass die neuen Regeln zu restriktiv sind und die kreative Freiheit der Nutzer einschränken.
Die Sorge vor einer Überregulierung und einem gefährlichen Präzedenzfall wird in den Kommentaren unter dem Blogeintrag ebenfalls geäußert. Ein Nutzer weist darauf hin, dass die Aufgabe des Jugendschutzes in erster Linie bei den Eltern liegt und nicht bei YouTube.
Ein anderer kritisiert die unklare Handhabung der neuen Regeln und die Schwierigkeiten, zu überprüfen, ob eine Glücksspielseite von Google zertifiziert ist. Die Frage nach dem Umgang mit bereits bestehenden Videos, die Glücksspielseiten bewerben, wird ebenfalls gestellt.