Die Werbekampagne von GGPoker mit Till Lindemann im Frühjahr 2023 war ein spektakulärer Coup, der jedoch durch schwerwiegende Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger ein jähes Ende fand. Die Anschuldigungen gegen den Musiker führten auch zu großen Diskussionen über die vorherrschenden Machtverhältnisse in der Musikindustrie.
Die Werbekampagne: Till Lindemann für GGPoker
Im Frühjahr 2023 startete GGPoker eine aufsehenerregende Werbekampagne mit Till Lindemann, dem Frontmann der Band Rammstein. Der Kurzfilm im Kinoformat wurde von Specter Berlin inszeniert, der auch bereits an Rammstein-Musikvideos mitwirkte. Das Konzept des Spots war außergewöhnlich: Lindemann verkörperte fünf verschiedene Charaktere an einem Pokertisch.
Diese Rollen umfassten einen größenwahnsinnigen Cowboy, einen überheblichen Punk, einen kühlen Pokerprofi, einen verrückten Nerd und einen manisch rechnenden Professor. Die visuelle Gestaltung enthielt Anspielungen auf Filme wie “American Beauty” und “Fight Club”. Ein besonderes Element des Kurzfilms war die Verwendung eines bis dahin unveröffentlichten Gedichts von Lindemann als Voiceover.
Mit seiner charakteristischen Stimme trug er Verse vor, die das Pokerspiel und den damit verbundenen Wahnsinn umschrieben. Mit der Kampagne und der Verbindung von Poker mit der Kunst und Popkultur sollte die Nutzerbasis von GGPoker im deutschsprachigen Raum erweitert werden.
Sven Stiel, Marketing Director von GGPoker, betonte, wie stolz er auf die Zusammenarbeit war:
Die Produktion wurde von GGPoker in Zusammenarbeit mit der Hamburger Kreativagentur Hello White Parrot realisiert, während Before 9 Productions die Produktion übernahm.
Skandal und die Vorwürfe gegen Till Lindemann
Im Mai 2023 wurden erstmals schwerwiegende Vorwürfe gegen Till Lindemann öffentlich. Die Nordirin Shelby Lynn berichtete auf Social Media von einem Erlebnis bei einem Rammstein-Konzert in Vilnius, bei dem sie sich nach einer Afterparty unter Drogen gesetzt fühlte. Sie veröffentlichte Bilder von Hämatomen und äußerte den Verdacht, Opfer eines Übergriffs geworden zu sein.
Die Vorwürfe gegen Till Lindemann wurde in der deutschen Medienlandschaft stark thematisiert. Neben der BILD berichteten auch seriöse Tageszeitungen wie die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine und Der Spiegel ausführlich über den Fall.
Chronologie der Vorwürfe
Recherchen des NDR und der Süddeutschen Zeitung brachten ein mutmaßliches “Casting-System” ans Licht, bei dem junge Frauen gezielt für Aftershow-Partys rekrutiert wurden. Auf diesen Partys sollen Frauen Alkohol und Drogen angeboten worden sein, teilweise ohne Rücksicht auf ihr Alter. Einige Frauen berichteten anonym von sexuellen Übergriffen, die sie als Machtmissbrauch empfanden.
Lindemann bestritt die Vorwürfe und ließ sie juristisch anfechten. Die Berliner Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, stellte diese jedoch nach zwei Monaten ein, da keine der Betroffenen bereit war, auszusagen.
Öffentliche Reaktionen
Die Vorwürfe sorgten für breite mediale Aufmerksamkeit und lösten Diskussionen unter dem Hashtag #MeToo aus. Fans und Kritiker diskutierten die Machtstrukturen in der Musikindustrie. Rammstein selbst veröffentlichte ein Statement, in dem die Band betonte, die Anschuldigungen ernst zu nehmen, aber auch vor Vorverurteilungen warnte.
Die Anschuldigungen hatten schwerwiegende Konsequenzen für Lindemann. Der Verlag Kiepenheuer & Witsch beendete die Zusammenarbeit mit ihm, ebenso wie GGPoker und andere Partner. Die Kontroverse führte zu Protesten bei Rammstein-Konzerten und einer intensiven Debatte über Machtmissbrauch in der Musikbranche.
Die Reaktion von GGPoker
GGPoker beendete im Juni 2023 seine Zusammenarbeit mit Till Lindemann als Reaktion auf die Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger. Das Unternehmen distanzierte sich öffentlich und vollumfänglich von Lindemann. In einer Pressemitteilung erklärte GGPoker, dass die Vorwürfe “in keinster Weise mit den von uns vertretenen Werten und Moralvorstellungen vereinbar sind”.
Das Unternehmen zeigte sich “zutiefst erschüttert und schockiert” von den Entwicklungen und drückte allen Betroffenen ihr “aufrichtiges Mitgefühl” aus. GGPoker betonte, dass die Zusammenarbeit mit Lindemann ursprünglich unter einem rein künstlerischen Aspekt für einen begrenzten Zeitraum eingegangen wurde.
Dieser Zeitraum war zum Zeitpunkt der Vorwürfe bereits abgelaufen und wurde nicht verlängert. Als Teil ihrer Krisenkommunikation entfernte GGPoker den fast vierminütigen Kampagnenfilm mit Lindemann von allen Digital- und Social-Media-Kanälen.
Interessant ist, dass GGPoker nach der Kontroverse neue Wege einschlug: Die Plattform setzt heutzutage verstärkt auf Stefan Raabs “Pokernacht”, die ebenfalls in Zusammenarbeit mit GGPoker produziert wurde.
Diese Entscheidung zeigt, wie Unternehmen in Krisensituationen ihre Marketingstrategie anpassen können, um sich von negativen Schlagzeilen zu distanzieren und dabei gleichzeitig ihre Marke stärken. Auch Online Casinos in Deutschland können aus dem Vorfall viel lernen.
Weitere Auswirkungen: Partner und Karriere
In München wurde die “Row Zero” abgeschafft, ein Bereich, in dem sich junge Frauen aufhielten. In Berlin forderte ein Aktionsbündnis sogar ein Verbot der Rammstein-Konzerte. Trotz der Kontroversen setzte Lindemann seine Karriere fort. Im November 2023 absolvierte er eine Solo-Tour mit 24 Shows in 13 Ländern.
Aktuell plant er für Herbst 2025 eine “Meine Welt”-Tour durch 17 europäische Länder mit über 25 Shows. Die Band Rammstein sah sich zu mehreren Statements gezwungen. Die Staatsanwaltschaft Berlin leitete Ermittlungen ein, stellte diese jedoch nach zwei Monaten wieder ein. Die langfristigen Auswirkungen auf die Band bleiben abzuwarten, aber die geplanten Konzerte fanden trotz Protesten statt.
#MeToo-Debatte
Die Anschuldigungen gegen Lindemann führten zu einer verstärkten Diskussion über Machtmissbrauch in der Musik- und Kulturindustrie. Aktivistinnen wie die Gründerinnen der Initiative #musicmetoo betonen, dass es sich um ein strukturelles Problem handelt, das weit über Einzelfälle hinausgeht. Ihre Plattform dokumentiert Berichte von Betroffenen, die von sexualisierter Gewalt und Diskriminierung in der Musikbranche erzählen.
Lehren aus der Lindemann-GGPoker-Kontroverse
Für die Musikindustrie hat der Fall eine erneute Debatte über Machtstrukturen und Verantwortung ausgelöst. Der Fall Lindemann und GGPoker ist ein gutes Beispiel dafür, wie kluge PR-Kampagnen mit Promis auch negative Presse einbringen können. Dass GGPokers sich schnell distanzierte, zeigt, wie wichtig es für Unternehmen ist, mit Krisen richtig umzugehen.